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Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern

Stand: 01.01.2024


Sowohl die VO 1408/71 als auch die neuere VO 883/2004 sowie das Handelsabkommen und das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit beinhalten entsprechende Regelungen für die Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Die Kriterien, unter welchen konkreten Voraussetzungen eine Entsendung vorliegt, sind grundsätzlich identisch. 

In der VO 883/2004 wurden lediglich einige Klarstellungen vorgenommen und die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes berücksichtigt.

Entsprechend diesen Bestimmungen unterliegt eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung einer Arbeitgeberin bzw. eines Arbeitgebers, die bzw. der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von dieser Arbeitgeberin bzw. von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsendet wird, um dort eine Arbeit für deren bzw. dessen Rechnung auszuführen, weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaates.

Gewöhnliche Zugehörigkeit der entsendeten Person zum entsendenden Staat

Dieses Kriterium gilt als erfüllt, sofern die entsendete Person unmittelbar vor der Entsendung (zumindest einen Monat) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates unterlegen ist, in dem das entsendende Unternehmen seinen Sitz hat. Dabei ist es unerheblich, ob die jeweilige Person eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, nur mitversichert war, eine Selbstversicherung abgeschlossen hat oder lediglich im Entsendestaat wohnte. 

Eine Entsendung liegt demnach auch vor, wenn ein Betrieb eine Mitarbeiterin bzw. einen Mitarbeiter aufnimmt und sofort für Arbeiten im Ausland einsetzt. Voraussetzung ist jedoch, dass die arbeitsrechtliche und organisatorische Bindung im Inland aufrecht bleibt und nach der Entsendung die Möglichkeit besteht, weiter im entsendenden Unternehmen zu arbeiten.

Dreiecksentsendung

Wirbt ein österreichisches Unternehmen beispielsweise in Deutschland Personal für einen Einsatz in Belgien an, liegt eine sogenannte "Dreiecksentsendung“ vor. Diese Sachverhalte fallen nicht unter den Entsendebegriff.

Gewöhnliche Tätigkeit des Unter­nehmens im Entsendestaat

Es reicht nicht aus, wenn von der Arbeitgeberin bzw. vom Arbeit­geber im Entsendestaat lediglich interne Verwaltungstätigkeiten wahrgenommen werden. Es ist erforderlich, dass tatsächlich nennenswerte Tätigkeiten im Rahmen eines "normalen“ Geschäftsbetriebes ausgeübt werden. 

Besteht lediglich eine "Briefkastenfirma“, kann keine Entsendung vorgenommen werden.

Nennenswerte Tätigkeit

Bei der Beurteilung des Vorliegens einer nennenswerten Tätigkeit sind die Besonderheiten jedes einzelnen Unternehmens zu berücksichtigen. Insbesondere ist auf den Unternehmensgegenstand abzustellen. Dieser muss im Entsendestaat nachweislich in repräsentativem Ausmaß ausgeführt werden. 

Von einer nennenswerten Tätigkeit kann dann ausgegangen werden, wenn das jeweilige Unternehmen im Niederlassungsstaat eine Geschäftstätigkeit von zumindest 25 Prozent ausübt.

Ablöseverbot

Es darf keine Ablöse einer zuvor zur Ausübung der identischen Tätigkeit entsendeten Person, deren Entsendedauer vollständig abgelaufen ist, vorliegen. 

Beispiele:

  • Wird ein Maurer von einem Maurer abgelöst, liegt keine Entsendung mehr vor, sofern die maximale Entsendedauer bereits ausgeschöpft ist. 
  • Die Entsendung eines Vermessers, der einem aus dem Ausland zurückkehrenden Maurer folgt, ist jedoch möglich.

Gebundenheit der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers

Die arbeitsrechtliche und organische Bindung zum entsendenden Unternehmen (zum Beispiel Anwerbung, Entlohnung, disziplinäre Verantwortung, Weisungsgebundenheit) muss während der gesamten Dauer der Tätigkeit im anderen Staat aufrecht bleiben. 

Wesentlich ist weiters, dass im Beschäftigungsland keine gesonderte arbeitsrechtliche Bindung in Form eines weiteren Arbeitsverhältnisses zu einem Unternehmen besteht.

Neuerlicher Auslandseinsatz

Ist die Entsendung abgelaufen, kann eine weitere Entsendung für dieselbe Arbeitnehmerin bzw. denselben Arbeitnehmer, dieselben Unternehmen und denselben Mitgliedstaat erst wieder nach Ablauf von mindestens zwei Monaten nach Ende des vorangehenden Entsendezeitraumes erfolgen. 

Eine Entsendung unmittelbar nach dem Ablauf der Entsendedauer in einen anderen Mitgliedstaat ist jedoch immer sofort möglich. Werden die Voraussetzungen für eine Entsendung nicht bzw. nicht mehr erfüllt, gelangt stets das Territorialitätsprinzip zur Anwendung.

Eine zeitweise Unterbrechung der Tätigkeit der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers bei dem Unternehmen des Beschäftigungsstaates gilt unabhängig von der Begründung (Urlaub, Krankheit, Fortbildung im entsendenden Unternehmen etc.) nicht als Unterbrechung der Entsendedauer.

Entsendedauer

Hinsichtlich der höchstzulässigen Entsendedauer ist zu unterscheiden, ob die VO 1408/71 oder die VO 883/2004 zur Anwendung gelangt (siehe dazu auch den Entscheidungsbaum unter folgendem Link: Welche Verordnung gültig ist) bzw. das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit. 

Dies gilt insofern, als durch die VO 883/2004 (das Austrittsabkommen verweist auf diese Verordnung) bzw. das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit die Entsendefrist generell 24 Monate beträgt. Eine darüber hinausgehende "Verlängerung“ ist lediglich im Rahmen einer Ausnahmevereinbarung möglich (siehe dazu folgenden Link: Ausnahmevereinbarungen).

Das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit ermöglicht keine Ausnahmevereinbarungen.

VO 1408/71 – Entsendedauer

Die Entsendedauer beträgt bei den der VO 1408/71 unterliegenden Personen maximal zwölf Monate. In einem solchen Fall stellt der zuständige Versicherungsträger über Antrag der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers oder der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers eine Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften aus (Formblatt E 101). Anträge auf Verlängerung der Entsendedauer sind beim Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz einzubringen.

Wenn die Ausführung der Arbeit aus unvorhersehbaren Gründen die Dauer von zwölf Monaten überschreitet, können die Rechtsvorschriften des Entsendestaates bis zur Beendigung der Tätigkeit bzw. für maximal weitere zwölf Monate angewendet werden. 

Dazu muss aber die zuständige Behörde des Mitgliedstaates, in dessen Gebiet die bzw. der Betreffende entsendet ­wurde, ihre Genehmigung erteilen. 

Anträge (Formblatt E 102) sind in Österreich vor Ablauf der ersten zwölf Monate an das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, ­Pflege und Konsumentenschutz zu stellen. Die Genehmigung der Verlängerung wird in weiterer Folge ebenfalls mit dem Formblatt E 102 bestätigt.

VO 883/2004, Austrittsabkommen und Abkommen über Handel und Zusammenarbeit – Entsendedauer

Die Entsendedauer für Personen, die der VO 883/2004, dem Austrittsabkommen oder dem Abkommen über Handel und Zusammenarbeit unterliegen, beläuft sich auf maximal 24 Monate. Es besteht keine Möglichkeit über das Formular E 102 eine Verlängerung der Entsendefrist auf Grund länger dauernder Beschäftigung zu beantragen. 

Erfolgte die Entsendung zu einem Zeitpunkt, an dem noch die VO 1408/71 Gültigkeit hatte, und reicht sie in einen Zeitraum hinein, der schon von der VO 883/2004 umfasst ist, gilt das Formular E 101 für den Ausstellungszeitraum. In weiterer Folge ist die Bescheinigung PD A1 zu beantragen.

Beamtinnen und Beamte

Beamtinnen und Beamte sowie diesen gleichgestellte Personen unterliegen ohne zeitliche Begrenzung auch dann den Rechtsvorschriften des Staates, in dem sich die Verwaltungseinheit befindet, wenn die Person in einem anderen Staat tätig wird (siehe dazu folgenden Link: Beamtinnen und Beamte).

Entsendung im Bereich der Hochseeschifffahrt

Die VO 1408/71 enthält für diesen Personenkreis spezielle Entsenderegelungen (siehe dazu folgenden Link: Hochseeschifffahrt in internationen Gewässern). 

Ist allerdings die VO 883/2004, das Austrittsabkommen oder das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit anzuwenden, gelten ausschließlich die in diesem Kapitel beschriebenen allgemeinen Koordinierungsvorschriften für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Sondersituation Dänemark, Schweiz und EWR

Die vorstehenden Entsendebestimmungen der Verordnungen gelten mangels Anwendbarkeit nicht für Drittstaatsangehörige, die nach Dänemark, in die Schweiz oder in EWR-Staaten entsendet werden und umgekehrt. In diesen Fällen kommen die jeweiligen von Österreich abgeschlossenen bilateralen Abkommen mit Dänemark, der Schweiz und den EWR-Staaten zur Anwendung.

Beispiele

Eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaates von einem Unternehmen, dem sie gewöhnlich angehört, abhängig beschäftigt wird und von diesem Unternehmen zur Ausführung einer Arbeit für dessen Rechnung in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates entsendet wird, unterliegt weiterhin den Rechtsvorschriften des Entsendestaates, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit

  • 24 Monate (gilt für VO 883/2004, AA, HZA),
  • zwölf Monate (gilt für VO 1408/71)

nicht übersteigt und sie nicht eine andere Person ablöst.

Beispiel 13 - gilt für die VO 883/2004 und 1408/71: Ein österreichisches Unternehmen soll Maschinen nach Ungarn liefern und dort montieren. Zu diesem Zweck wird ein Arbeitnehmer dieses Unternehmens für zehn Monate in Ungarn tätig. Welchen Rechtsvorschriften unterliegt diese Person in den zehn Monaten?

  • DN wohnt und arbeitet in: Österreich
  • DN wird entsendet nach: Ungarn
  • Sitz des Unternehmens: Österreich
  • Rechtsvorschriften: Österreich


Sind die zwölf bzw. 24 Monate noch nicht vollständig ausgeschöpft, kann nach beiden Verordnungen auch eine andere Person für die Verrichtung gleicher Tätigkeiten für den verbleibenden Teil der Entsendedauer in einen anderen Mitgliedstaat entsendet werden.

Beispiel 14 - gilt für das Austrittsabkommen sowie das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit: Ein österreichisches Unternehmen soll Maschinen ins Vereinigte Königreich liefern und dort montieren. Zu diesem Zweck wird ein Arbeitnehmer dieses Unternehmens für zehn Monate im Vereinigten Königreich tätig. Welchen Rechtsvorschriften unterliegt diese Person in den zehn Monaten?

  • DN wohnt und arbeitet in: Österreich
  • DN wird entsendet nach: Vereinigten Königreich
  • Sitz des Unternehmens: Österreich
  • Rechtsvorschriften: Österreich


Sind die 24 Monate noch nicht vollständig ausgeschöpft, kann nach den Abkommen auch eine andere Person für die Verrichtung gleicher Tätigkeiten für den verbleibenden Teil der Entsendedauer in einen anderen Mitgliedstaat entsendet werden.

Entscheidungsbaum

Hier können Sie einen Entscheidungsbaum zur Entsendung aufrufen:

Entsendung auf Grundlage von ... (PDF, 57 KB)