Trotz einfacher und schmerzloser Untersuchungen nehmen nach wie vor zu wenige Männer Vorsorgeangebote wahr – oft aus Scham, Unwissenheit oder weil sie Symptome unterschätzen. Dabei ist gerade die frühzeitige Diagnose entscheidend: Moderne Methoden wie der PSA-Test oder die Magnetresonanztomographie der Prostata ermöglichen heute eine deutlich bessere Erkennung und Behandlung urologischer Erkrankungen.


Herr Dr. Eugen Plas, warum ist es wichtig, über Männergesundheit und Vorsorge zu sprechen?

Dr. Plas: Seit 2003 versucht man mit Präventionsaktionen die Aufmerksamkeit auf Männergesundheitsthemen wie Prostataerkrankungen, Prostatakrebs, Hodentumor und psychische Gesundheit zu lenken. Die schmerzlosen Vorsorgeuntersuchungen werden noch immer lediglich von wenigen Männern in Anspruch genommen. Da Frauen sich mehr um ihre Gesundheit kümmern, ist es notwendig, auch beim Mann Bewusstsein für seine Gesundheit und die damit verbundenen sinnvollen und erforderlichen Vorsorgeuntersuchungen zu wecken.


Ab wann empfehlen Sie Vorsorgeuntersuchungen, und welche einfachen Schritte können Männer selbst setzen?

Dr. Plas: Die urologische Vorsorgeuntersuchung sollte bei Männern mit familiärer Belastung – das bedeutet, wenn ein direkter männlicher Verwandter Prostatakrebs hat – ab dem 40. Lebensjahr erfolgen. Bei unauffälliger Krankengeschichte sollte diese Untersuchung ab dem 45. Lebensjahr erfolgen. Vorsorge ist jedoch auch in jungen Jahren wichtig und nicht erst im Alter. Es gilt, Männer in allen Lebensabschnitten zu motivieren, sich um ihre Gesundheit zu kümmern. Die Untersuchung ist weder schmerzhaft noch erfordert sie irgendwelche Vorbereitungen; es verlangt nur, einen Termin bei einer Urologin oder bei einem Urologen zu vereinbaren.


Welche Fortschritte sehen Sie aktuell in der Früherkennung und Behandlung von Prostata- und Hodenkrebs?

Dr. Plas: Eigentlich gilt in der Medizin immer, je früher ein Problem erkannt wird, desto besser kann man es behandeln und/oder heilen. Dies gilt neben vielen Erkrankungen auch für das Prostatakarzinom und den Hodentumor. Selbstverständlich lassen sich auch andere urologische und nicht urologische Erkrankungen und Tumore bei frühzeitiger Diagnose erfolgreich behandeln und heilen. Gerade beim Hodentumor wissen wir, dass durch Fehleinschätzung von Veränderungen am Hoden durch den Mann die Diagnose um durchschnittlich drei Monate verzögert wird. Auch beim Prostatakarzinom haben wir seit 1990 einen Bluttest zur Früherkennung, den PSA-Wert, der bei Vergrößerung der Prostata, Entzündung oder eben dem Prostatakarzinom erhöht sein kann. Bei erhöhtem PSA-Wert wird eine Kontrolle nach einigen Wochen angeraten. Ist dieser Wert weiterhin erhöht, sollte bei Verdacht auf ein Prostatakarzinom eine Magnetresonanztomographie der Prostata erfolgen. Durch diese einfachen Untersuchungen finden wir in vielen Fällen frühzeitig Erkrankungen der Prostata, die sehr gut behandelt werden können.


Welche Rolle spielen Hausärzt*innen und Fachärzt*innen im Zusammenspiel, um Männer möglichst früh zu erreichen?

Dr. Plas: Die Hausärztin bzw. der Hausarzt hat in der Betreuung und langen, teilweise lebenslangen Begleitung einen sehr hohen Stellenwert. Über die Allgemeinmedizin kann die Bündelung medizinischer Fragestellungen erfolgen und neben dem medizinischen Problem auch die psychische Gesundheit durchleuchtet werden. Über die enge Kooperation mit Fachärztinnen und Fachärzten unterschiedlicher Disziplinen und/oder Fachambulanzen wird eine umfassende und auf hohem Niveau stehende Betreuung ermöglicht.


Was wünschen Sie sich von Kolleginnen und Kollegen anderer Fachrichtungen im Hinblick auf Männergesundheit?

Dr. Plas: Enttabuisierung von Themen, die die Männergesundheit betreffen sowie respektvoller, offener und ehrlicher Umgang mit Betroffenen. Es gilt, die Probleme des Patienten ernst zu nehmen und durch Kooperation innerhalb der Kollegenschaft, den Mann bestmöglich zu coachen. 


Welche Entwicklungen erwarten Sie in den kommenden Jahren in der urologischen Versorgung?

Dr. Plas: Es werden die Fallzahlen an urologisch erforderlicher Versorgung innerhalb der nächsten Jahre um mindestens 30 Prozent im Vergleich zu heute steigen. Dies führt einerseits zu einer steigenden Arbeitsbelastung für Ärztinnen und Ärzte, bietet andererseits jedoch die Chance, durch Präventionskampagnen das Gesundheitsbewusstsein von Männern zu fördern und sie zu einer aktiveren Wahrnehmung ihrer gesundheitlichen Eigenverantwortung zu motivieren.


Was hat sich in den letzten Jahren verbessert?

Dr. Plas: Die Liste der Entwicklungen der Urologie innerhalb der vergangenen 20 Jahre ist sehr lang und insbesondere durch die Entwicklung robotisch unterstützter Operationen, wie sie unter anderem im Hanusch Krankenhaus allen Patientinnen und Patienten ermöglicht wird, geprägt. Neben diesen großen technischen Innovationen und noch kleineren, minimal invasiven Behandlungsmöglichkeiten waren die letzten 15 Jahre durch rasante Entwicklungen im Bereich der Krebstherapie gekennzeichnet. Die Vielzahl an neuen Präparaten haben zum Teil deutlich bessere Behandlungserfolge ermöglicht, sodass wir auch bei bösartigen Erkrankungen Männer über viele Jahre erfolgreich begleiten. Diese positiven Entwicklungen wären bei entsprechend genützter Vorsorgeuntersuchung durch die Früherkennung von Erkrankungen ein weiterer Meilenstein in den Behandlungen der Veränderungen des Mannes in allen Lebensphasen, insbesondere im Alter.