Fast vier Jahrzehnte lang setzte sich Mag. Franz Kiesl für eine moderne und zukunftsfähige Gesundheitsversorgung ein. Als Leiter des Versorgungsmanagements 1 der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) trieb er unter anderem die Primärversorgung, den Ausbau der psychischen Betreuung sowie die Modernisierung und Flexibilisierung der Kassenverträge voran. Mit Weitblick, Handschlagqualität und einer klaren Dialogkultur prägte er die Arbeit der ÖGK nachhaltig.
Pionier des Monats
Mit der Gründung der ÖGK 2020 wechselte er in die bundesweite Verantwortung: als Leiter des Fachbereichs Versorgungsmanagement 1, zuständig für die ambulante Versorgung durch Ärztinnen und Ärzte, Ambulatorien und nicht-ärztliche Gesundheitsberufe sowie für die Kostenerstattung.
Franz Kiesls Wirken liest sich wie ein Stück Geschichte der Gesundheitsversorgung: Der Fachbereichsleiter war am Aufbau der multiprofessionellen Primärversorgung (PVE und Kinder-PVE) und der österreichweiten Etablierung vertraglicher Versorgung durch MTD-Berufe beteiligt. Zudem gelang ihm die Harmonisierung im Bereich CT/MRT sowie ein massiver Ausbau der psychischen Versorgung.
Wichtiger Meilenstein: Entwicklung der PVE in Österreich
Ein Stück PVE-Geschichte wurde in Oberösterreich geschrieben, denn bereits 2012 legte Kiesl unter Einbindung von Experten der Medizinischen Universität Graz den Grundstein einer neuen Form der Primärversorgung für Österreich. 2013 beauftragte Kiesl eine Projektgruppe, die ein Konzept ausarbeitete, das die Basis für das österreichische Primärversorgungskonzept und für den weiteren Prozess wurde.
Der Ausbau der Primärversorgungseinheiten von 16 im Jahr 2019 auf 100 bis Mitte 2025 – darunter 13 Kinder-PVE – war ein Meilenstein, der nur im partnerschaftlichen Dialog gelang. Für Ärztinnen und Ärzte sowie multiprofessionelle Teams entstanden dadurch neue Perspektiven. Sie zeigen, wie sehr Versorgungsgestaltung auch Chancen für Vertragspartnerinnen und Vertragspartner schaffen kann. Besonders wichtig war Franz Kiesl immer der partnerschaftliche Dialog mit der Ärzteschaft.
Kiesls Errungenschaften auf einen Blick:
- Auf- und Ausbau der Primärversorgung in Österreich
- Ärztliche Zusammenarbeitsformen stärken
- Honorarverhandlungen
- Einheitlicher CT/MRT-Gesamtvertrag
- Erste Schritte im Bereich Telemedizin
- Österreichweite Rahmenvereinbarungen für Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie
- Massive Ausweitung der psychischen Versorgung
- Dialogorientierung
- Services für Gründerinnen und Gründer bzw. Jungmedizinerinnen und Jungmediziner
Sechs bewegte Jahre als ÖGK – gemeinsam gemeistert
Ein prägendes Kapitel seiner Laufbahn waren die vergangenen sechs Jahre: die Zeit der Fusion zur ÖGK und ihrer zahlreichen Herausforderungen. Rückblickend wird deutlich, wie viel gemeinsam gelungen ist: Die Fusion selbst wurde so umgesetzt, dass die Versorgung gesichert und das Tagesgeschäft stets gewährleistet war. Kaum war die ÖGK gegründet, stellte die Corona-Pandemie das gesamte System vor beispiellose Belastungen. Der ÖGK-Fachbereich Versorgungsmanagement 1 befand sich dabei „im Auge des Orkans“ – mit tagtäglich neuen, nie dagewesenen Problemstellungen. Trotz all dieser Belastungen konnten wesentliche Harmonisierungsschritte und Verbesserungen in der Versorgung erzielt werden, von denen nicht nur die Patientinnen und Patienten, sondern auch die Vertragspartnerinnen und Vertragspartner profitierten. Einheitliche Verhandlungsgrundsätze, transparente Honorarabschlüsse und neue Vertragsmodelle haben die Zusammenarbeit in dieser Zeit geprägt.
Gestalter, Brückenbauer, Verhandler
Franz Kiesl gilt in der Sozialversicherung als der Verhandler schlechthin. Sein Credo: „Man kommt nur weiter, wenn man gemeinsame Ziele verfolgt – und das Ergebnis muss für alle tragfähig sein.“ Mit Handschlagqualität, Blick fürs große Ganze und unerschütterlicher Lösungsorientierung erarbeitete er sich Respekt und Wertschätzung – weit über die eigenen Reihen hinaus.
Abschied mit bleibender Wirkung
Die Jahre seiner Tätigkeit waren geprägt von enormen medizinischem Fortschritt, gesellschaftlichem Wandel und tiefgreifenden organisatorischen Veränderungen. All das hat Franz Kiesl nicht nur begleitet, sondern aktiv gestaltet. Nun tritt er in eine neue Lebensphase ein – mit dem guten Gefühl, Strukturen hinterlassen zu haben, die Bestand haben, und einer Kultur, die auf Dialog, Vertrauen und Weitblick setzt.
Statt Franz Kiesl wird nach der internen Fachbereichsumstrukturierung Dr. Arno Melitopulos den neuen Versorgungszweig Medizin übernehmen. Er leitete bislang das Versorgungsmanagement 3, welches für Landes-Zielsteuerung, Bundes-Zielsteuerung, Behandlungsökonomie & Kontrolle, Health Technology Assessment & Fortbildung, Innovation, Wissenschaft, Krankenanstalten und deren Finanzierung, Steuerung Gesundheitssystem, Qualität und ÖGK Bewertungsstelle für neue Leistungen (ÖGK Bewertungsstelle) zuständig ist. Davor war er Generaldirektor der Tiroler Gebietskrankenkasse und Geschäftsführer der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG). Er bringt damit umfassende Erfahrung für seine neue Aufgabe mit.