Dr.in med. univ. Nicole Posch, MPH forscht am Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung (IAMEV) an der Medizinischen Universität Graz zu evidenzbasierten Gesundheitsinformationen in der Primärversorgung sowie zur Stärkung der professionellen Gesundheitskompetenz als auch der Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung. In ihrer Kolumne betont sie die Wichtigkeit von evidenzbasierten Gesundheitsinformationen und der Stärkung der Gesundheitskompetenz.
Forschung mit und für die Praxis - Vernetzung als Erfolgsfaktor
Hausärztinnen und Hausärzte sind ein wichtiges Bindeglied zwischen Forschung und Versorgung – ihr Wissen aus der Praxis macht unsere Versorgungsforschung realitätsnah und wirksam. Als direktes Sprachrohr bringen sie zudem wissenschaftliche Erkenntnisse unmittelbar zu ihren Patientinnen und Patienten.
Seit über zehn Jahren baut das IAMEV in mehr als 90 Projekten erfolgreich Brücken zwischen Forschung und Praxis. Damit unsere Erkenntnisse tatsächlich in der Versorgung ankommen, kooperieren wir in Forschungsnetzwerken mit über 200 Hausarztpraxen und Primärversorgungseinrichtungen an unterschiedlichsten Projekten. „Forschung für und mit den Praxen“ ist hier gelebter Alltag.
Nähere Details zu unseren Forschungsprojekten finden Sie unter https://allgemeinmedizin.medunigraz.at/forschung/leistungsportfolio.
Die Stärkung der Gesundheitskompetenz als eine unserer Kernaufgaben
Mehr als die Hälfte der österreichischen Bevölkerung verfügt über eine unzureichende Gesundheitskompetenz. Deshalb wurde deren Stärkung als eines der zehn nationalen Gesundheitsziele definiert – mit dem Fokus, gemeinsame Entscheidungen zu fördern und Patientinnen und Patienten verständliche, verlässliche Informationen zur Verfügung zu stellen.
Trotz zahlreicher Gesundheitsinformationen fällt es Laien oft schwer, deren Qualität und Verlässlichkeit einzuschätzen. Auch Hausärztinnen und Hausärzte sind mit diesem Überangebot konfrontiert – durch Patientinnen und Patienten mit falschen Informationen oder durch die Herausforderung, vertrauenswürdige Quellen zu empfehlen.
Am IAMEV widmen wir uns deshalb intensiv dem Thema Gesundheitskompetenz. Mit praxisnahen Projekten bauen wir Brücken zwischen hausärztlicher Versorgung und wissenschaftlicher Evidenz.
Evidenzbasierte Gesundheitsinformationen
Ein Beispiel dafür ist die Initiative „Evidenzbasierte Gesundheitsinformationen“ (EVI), mit der wir seit 2017 wissenschaftlich fundierte und leicht verständliche Informationen zu wichtigen Gesundheitsthemen bereitstellen – zunächst für Hausarztpraxen und Primärversorgungseinrichtungen und seit 2022 auch für Kinderarztpraxen. Fokusgruppen, Interviews und Umfragen mit den teilnehmenden Forschungspraxen geben Einblick, wo in der Primärversorgung konkreter Unterstützungsbedarf im Umgang mit Gesundheitsinformationen besteht.
Gemeinsam gut entscheiden
Ein weiteres Projekt ist „Gemeinsam gut entscheiden“, das gemeinsam mit Fachgesellschaften evidenzbasierte Empfehlungen zu medizinischen Maßnahmen aufbereitet, die häufig zu oft angewendet werden, wenig oder keinen Nutzen bringen oder sogar schaden können. Diese Informationen unterstützen die Kommunikation und die gemeinsame Entscheidungsfindung zwischen Ärztinnen und Ärzten sowie und Patientinnen und Patienten.
Informationsmaterial allein reicht jedoch nicht aus. Damit Gesundheitsinformationen breite Wirkung entfalten und möglichst viele Menschen erreichen, braucht es unterstützende Strukturen – beispielsweise Sozialversicherungsträger als Plattform zur Verbreitung verlässlicher Inhalte sowie eine stärkere Verankerung des Themas in Bildungseinrichtungen und Familien.
Nur durch eine enge Zusammenarbeit von Praxis, Forschung und Politik können wir auch zukünftig kontinuierlich nachhaltige Verbesserungen der Gesundheitskompetenz erzielen und die Gesundheitsversorgung wirkungsvoll stärken.