Die Nachfrage nach Physiotherapie ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Ursachen dafür sind die alternde Bevölkerung, kürzere Krankenhausaufenthalte sowie der wachsende Therapiebedarf vor und nach Rehabilitationsmaßnahmen. Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) verzeichnet sowohl im Vertrags- als auch im Wahlbereich einen deutlichen Anstieg. Besonders auffällig: Im Wahlbereich stieg die Zahl der Therapiestunden von 2019 bis 2024 um 58,7 %.

Versorgung sichern: Fairer Zugang durch verantwortungsvollen Mitteleinsatz

Angesichts eines Budgetdefizits von 900 Millionen Euro setzt die ÖGK auf Maßnahmen, die eine zielgerichtete und qualitativ hochwertige physiotherapeutische Versorgung sicherstellen sollen.

Vertragsärzt*innen wurden kürzlich ersucht, bei physiotherapeutischem Behandlungsbedarf generell eine Erstverordnung von 6 × 30 Minuten auszustellen – sofern medizinisch gerechtfertigt. Längere Behandlungszeiten, etwa 45 oder 60 Minuten, bleiben selbstverständlich möglich. Die Verantwortung für medizinisch erforderliche Anpassungen liegt weiterhin bei Therapeut*innen und Ärzt*innen – im Sinne einer qualitätsgesicherten Versorgung.

Eine aktuelle gemeinsame Studie der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) und Physio Austria zeigt deutlich: Die Nachfrage nach physiotherapeutischen Behandlungen ist hoch. Durchschnittlich mussten Physiotherapeut*innen bis zu fünf Patient*innen pro Woche auf eine Warteliste setzen – mit Wartezeiten von zwei bis vier Wochen. Dieser Entwicklung wollen Physio Austria und ÖGK gemeinsam gezielt entgegensteuern und den Zugang zur physiotherapeutischen Versorgung nachhaltig verbessern.

Notwendige Physiotherapie wird nicht gekürzt

  • Es wird keine notwendige Physiotherapie gekürzt. Patient*innen sollen erforderliche physiotherapeutische Leistungen weiterhin erhalten – unabhängig von Wohnort, Alter und Herkunft.
  • Diese Maßnahme des verantwortungsvollen Mitteleinsatzes bewirkt eine faire Ressourcenverteilung, damit möglichst viele Versicherte rechtzeitig eine Behandlung erhalten.
  • Es handelt sich nicht um eine Änderung oder Kürzung der Leistungen, sondern um eine gezielte Steuerung der Patientenversorgung.

ÖGK-Obmann Peter McDonald: „Unser Ziel ist es, dass alle Versicherten die Physiotherapie erhalten, die sie benötigen – rechtzeitig und in höchster Qualität. In Zeiten begrenzter Mittel ist ein verantwortungsvoller, medizinisch sinnvoller Einsatz der Ressourcen essenziell. Wir setzen dabei auf Zusammenarbeit, Transparenz und eine starke Partnerschaft mit den Berufsgruppen im Gesundheitswesen.“

Constance Schlegl, Präsidentin von Physio Austria, betont: „Eine zielgerichtete und qualitätsvolle Versorgung der Patient*innen mit Physiotherapie ist in der akuten Behandlung ebenso wie in Management chronischer Erkrankungen unverzichtbar. Es ist wesentlich, dass mit den vorhandenen Mitteln der steigende Bedarf an Therapien auch gedeckt werden kann. Die ökonomische Herangehensweise ist dabei nur ein Baustein. Dass Veränderungen im Praxisalltag häufig nicht einfach sind und auch zu Verunsicherung führen können, ist uns bei Physio Austria bewusst. Wir unterstützen zum Beispiel durch Informationsveranstaltungen – auch gemeinsam mit der ÖGK.“

Mittel- bis langfristig brauche es einen gezielten Ausbau physiotherapeutischer Leistungen, um gesunde Lebensjahre zu gewinnen und Folgekosten im Gesundheitswesen zu senken. Schlegl fordert zudem, die gesetzliche Verankerung der therapeutischen Entscheidungskompetenz, insbesondere in Bezug auf Art und Dauer der Behandlung.

Physiotherapie als Grundpfeiler der Gesundheitsversorgung

Physiotherapie ist eine Pflichtleistung der Sozialversicherung und der ärztlichen Leistung gleichgestellt. Rund 18.000 Physiotherapeut*innen tragen in Österreich zur Wiederherstellung und dem Erhalt der Mobilität der Patient*innen bei. Etwa die Hälfte davon arbeitet freiberuflich im niedergelassenen Bereich.

Die ÖGK und Physio Austria verfolgen gemeinsam das Ziel, verlässliche Rahmenbedingungen für alle Versicherten zu schaffen und die physiotherapeutische Versorgung zukunftssicher weiterzuentwickeln. Dafür braucht es das Verständnis und die Zusammenarbeit aller Beteiligten im Gesundheitssystem.

Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) ist die größte soziale Krankenversicherung Österreichs. Sie bietet ihren 7,6 Millionen Versicherten eine medizinisch hochwertige Versorgung und umfassenden Service vom Bodensee bis zum Neusiedler See.