Der österreichische Gesundheitssektor steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Der demografische Wandel, steigende Gesundheitsausgaben, Fachkräftemangel und die zunehmende Digitalisierung fordern alle Beteiligten. Wie stellt sich die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) diesen Herausforderungen? Welche Rolle spielen Vertragspartnerinnen und Vertragspartner? Und wie digital wird die ÖGK in Zukunft? Wir sprechen mit dem Generaldirektor der ÖGK über die Zukunft der medizinischen Versorgung in Österreich.

 

Herr Generaldirektor, die Bevölkerung wird immer älter – welche Herausforderungen bringt dieser demografische Wandel für die ÖGK und ihre Vertragspartnerinnen und Vertragspartner mit sich?
Der demografische Wandel stellt uns als ÖGK vor große Herausforderungen. Es gibt immer mehr ältere Menschen. Diese gehen häufiger zum Arzt und sind öfter chronisch krank. Wir reagieren darauf und sichern die Versorgung mit neuen Formen der Zusammenarbeit im Gesundheitswesen.

 


Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung der medizinischen Versorgung in Österreich ein – wo sehen Sie die größten Baustellen?
Die Erwartungen an die medizinische Versorgung steigen – viele wollen schnelle Hilfe, jederzeit. Gleichzeitig hat sich das Berufsbild von Ärztinnen und Ärzten in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Teamarbeit und planbare Arbeitszeiten werden wichtiger. Wir müssen unsere Versorgungsstrukturen an diese Realität anpassen – das ist eine der größten Aufgaben der nächsten Jahre.


Welche Maßnahmen plant die ÖGK, um auch in Zukunft eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Versorgung sicherzustellen?
Wir setzen auf multiprofessionelle Gesundheitszentren, neue Anreizsysteme für Kassenstellen, Telemedizin und digitale Services für Versicherte sowie Ärztinnen und Ärzte. Gleichzeitig investieren wir in Gesundheitsförderung und Prävention – denn jede vermiedene Erkrankung entlastet das System.


Welche Rolle spielen Vertragspartnerinnen und Vertragspartner – also Ärztinnen, Ärzte und andere Leistungserbringer – bei der Bewältigung der zukünftigen Herausforderungen im Gesundheitswesen?
Sie sind das Rückgrat der Versorgung. Ohne unsere Vertragspartnerinnen und Vertragspartner ist eine hochwertige Gesundheitsversorgung schlicht nicht denkbar. Gleichzeitig braucht es ein gemeinsames Verständnis dafür, dass die Gesundheitsversorgung ein dynamisches System ist, das sich kontinuierlich weiterentwickeln muss – auch im Sinne der Patientinnen und Patienten.


Wie will die ÖGK die wohnortnahe Versorgung weiter stärken? 
Mit dem kontinuierlichen Ausbau der PVE in den vergangenen Jahren setzen wir als ÖGK ein klares Zeichen für eine vernetzte, wohnortnahe Versorgung. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit in den PVE sorgt für rasche medizinische Abklärung und eine koordinierte Versorgung, die nicht nur den Patientinnen und Patienten zugutekommt, sondern auch das Gesundheitssystem langfristig entlastet.


Die Finanzlage der ÖGK ist ein viel diskutiertes Thema – wie beurteilen Sie aktuell die wirtschaftliche Situation?
Die wirtschaftliche Lage der ÖGK ist stabil – auch wenn die Herausforderungen groß sind. Die ÖGK erarbeitet ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Kostendämpfung, um die finanzielle Stabilität langfristig zu verbessern. Effizienzsteigerungen und gezielte Einsparungen sollen dazu beitragen, die Gesundheitsversorgung auch in Zukunft auf hohem Niveau sicherzustellen. Außerdem arbeiten wir laufend an mehr Effizienz in der Verwaltung. Unser Anspruch bleibt klar: Jede und jeder soll die Behandlung bekommen, die gebraucht wird – unabhängig von Alter, Herkunft oder sozialem Status. 


Wo sehen Sie Möglichkeiten für nachhaltige Einsparungen, ohne dass die Versorgungsqualität leidet?
Effizienzpotenziale gibt es vor allem in der Digitalisierung, bei der Medikamentenverordnung und in der besseren Abstimmung zwischen ambulantem und stationärem Bereich. Auch eine konsequentere Prävention kann langfristig Kosten senken.


Wie gelingt der Spagat zwischen Kosteneffizienz und Versorgungsauftrag?
Wir müssen Bestehendes hinterfragen und dort ändern, wo es nicht mehr zeitgemäß ist. Nur so können wir Ressourcen sinnvoll einsetzen und den Versorgungsauftrag erfüllen – heute und in Zukunft.


Die Digitalisierung verändert nahezu alle Lebensbereiche – auch das Gesundheitswesen. Wie digital ist die ÖGK heute bereits aufgestellt?
Die ÖGK ist digital deutlich weiter, als viele vermuten: Vom e-Rezept über den elektronischen Impfpass bis zu Online-Services wie dem Versichertenportal – vieles funktioniert heute digital. Entscheidend ist dabei: Digitalisierung muss den Versicherten einen echten Nutzen bringen. Ein weiteres Beispiel ist unsere Meine ÖGK-App. Sie ermöglicht überall und jederzeit einen schnellen und unkomplizierten Zugang zu wichtigen Services.


Was sind die größten Vorteile der digitalen Transformation – insbesondere für Vertragspartnerinnen und Vertragspartner?
Die größten Vorteile der digitalen Transformation für Vertragspartnerinnen und Vertragspartner sind schnellere Abläufe durch automatisierte Prozesse und eine bessere Kundenorientierung dank personalisierter Angebote und direkter Kommunikation. Wir bieten technische Unterstützung, Schulungen und betreiben Pilotprojekte gemeinsam mit Ärztinnen und Ärzten sowie anderen Leistungserbringern. Uns ist wichtig, dass niemand bei der digitalen Transformation zurückgelassen wird.