Stand: 01.01.2025
Betriebliche Vorsorge in Österreich bei Nichtanwendbarkeit österreichischen Sozialversicherungsrechts
Auf Grund der immer stärker werdenden Vernetzung der Wirtschaft treten  vermehrt Konstellationen auf, in denen zwar eine Person in einem anderen  Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU), des Europäischen  Wirtschaftsraumes (EWR) bzw. der Schweiz sozialversichert ist, jedoch  dennoch dem Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz  (BMSVG) in Österreich unterliegt.
Dies liegt daran, dass die  zwischenstaatliche Sozialversicherung durch die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 koordiniert wird, während die Betriebliche Vorsorge (BV) in den  Bereich des Arbeitsrechts fällt und zwischenstaatlich durch die  Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I-Verordnung) geregelt wird. Dadurch  kann der Fall eintreten, dass Sozialversicherung und BV  auseinanderklaffen.
Verordnung (EG) Nr. 883/2004
Die  unterschiedlichen Systeme der sozialen Sicherheit im EU-Raum werden  durch die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 koordiniert. Hierbei gilt der  Grundsatz, dass bei einer parallel ausgeübten Tätigkeit in verschiedenen  Mitgliedstaaten immer nur die sozialversicherungsrechtlichen  Vorschriften eines einzigen Staates zum Tragen kommen.
Übt eine  Person beispielsweise gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine  Beschäftigung aus, unterliegt sie den Rechtsvorschriften des  Wohnmitgliedstaates, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer  Tätigkeit ausübt.
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Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I-Verordnung)
Die Rom I-Verordnung legt fest, welches Arbeitsrecht auf Arbeitsverhältnisse mit Auslandsbezug anzuwenden ist.
Im  Gegensatz zur Sozialversicherung kann die Anwendbarkeit  arbeitsrechtlicher Vorschriften eines bestimmten Staates - in gewissen  Grenzen - frei vereinbart werden. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer  bzw. die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können das auf den  Arbeitsvertrag anwendbare Recht also wählen.
Wird keine  Rechtswahl getroffen, unterliegt der Arbeitsvertrag gemäß Artikel 8 Rom  I-Verordnung grundsätzlich dem Recht des Staates, in dem oder von dem  aus die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer für gewöhnlich ihre bzw.  seine Arbeit verrichtet (gewöhnlicher Arbeitsort). Der gewöhnliche  Arbeitsort wechselt nicht, wenn die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer  ihre bzw. seine Arbeit vorübergehend in einem anderen Staat verrichtet.
Die  grundsätzlich mögliche freie Rechtswahl hat allerdings Grenzen. Sie  darf nicht dazu führen, dass der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer  jener Schutz entzogen wird, der ihnen nach den zwingenden Bestimmungen  desjenigen Rechts gewährt wird, welches mangels Rechtswahl zur Anwendung  gelangt wäre. Bei der Frage, welches Arbeitsrecht anzuwenden ist,  spielt somit auch bei getroffener Rechtswahl der gewöhnliche Arbeitsort  eine gewichtige Rolle.
Die Rom I-Verordnung ist auf Verträge anwendbar, die ab dem 17.12.2009 geschlossen wurden.
Anwendbarkeit des BMSVG
Vom BMSVG sind grundsätzlich alle Arten von privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen erfasst. 
Befindet  sich der ausschließliche oder gewöhnliche Arbeitsort der Arbeitnehmerin  bzw. des Arbeitnehmers in Österreich, unterliegt das Arbeitsverhältnis  auf Grund der Rom I-Verordnung dem BMSVG. Die BV kann durch Rechtswahl  nicht zum Nachteil der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers  ausgeschlossen werden. 
Dies gilt auch bei Arbeitsverhältnissen zu ausländischen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern.
Unter gewöhnlichem Arbeitsort ist jener Ort zu verstehen, an dem die vereinbarte Arbeitsleistung tatsächlich ausgeübt wird.
Wird  die Tätigkeit in mehreren Vertragsstaaten verrichtet, bestimmt sich der  gewöhnliche Arbeitsort danach, wo bei einer Gesamtbetrachtung des  Arbeitsverhältnisses der inhaltliche und zeitliche Schwerpunkt der  Arbeitsleistung tatsächlich liegt.
Existiert hingegen kein  gewöhnlicher Arbeitsort – dies ist zum Beispiel bei ausschließlichem  grenzüberschreitenden Fernverkehr der Fall – kommt das Recht jenes  Staates zu Anwendung, in dem sich die Niederlassung oder Filiale  befindet, die die Arbeitnehmerin bzw. den Arbeitnehmer eingestellt hat.
Beispiel
Ein Arbeitnehmer wohnt in  Deutschland. Er wird hauptsächlich für einen deutschen Arbeitgeber in  Deutschland tätig, verrichtet daneben aber auch für einen weiteren  deutschen Arbeitgeber Arbeiten in Österreich. In beiden Verträgen ist  die Anwendbarkeit deutschen Arbeitsrechts vereinbart.
Da ein  wesentlicher Teil der Tätigkeit im Wohnsitzstaat verrichtet wird,  unterliegt auch die in Österreich verrichtete Tätigkeit deutschen  Sozialversicherungsrechtsvorschriften.
Die Anwendbarkeit  deutschen Arbeitsrechts kann zwischen den Parteien grundsätzlich frei  vereinbart werden, sodass die getroffene Rechtswahl im Prinzip gültig  ist. Hätten die Parteien keine Rechtswahl getroffen, wäre auf die in  Österreich ausgeübte Beschäftigung österreichisches Arbeitsrecht  anzuwenden. Da das BMSVG zwingende Rechtsvorschriften enthält, kann eine  getroffene Rechtswahl die Bestimmungen des BMSVG nicht zum Nachteil der  Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers "verdrängen", sodass die in  Österreich ausgeübte Beschäftigung in Österreich der BV unterliegt.
Meldungserstattung und Beitragsabfuhr
Besteht  BV-Pflicht in Österreich, ist von der Arbeitgeberin bzw. vom  Arbeitgeber mittels Elektronischem Datenaustausch mit den  österreichischen Sozialversicherungsträgern (ELDA) eine Anmeldung zur BV  beim zuständigen Krankenversicherungsträger grundsätzlich binnen sieben  Tagen ab Beschäftigungsbeginn zu erstatten. 
Dabei ist das  Anmeldedatum in der Grundstellung zu belassen und nur der Beginn der BV  zu melden. Das Feld "Beschäftigungsbereich" ist mit "Sonstige Personen  ohne KV-Schutz" zu befüllen.
Der erste Monat ist grundsätzlich  beitragsfrei. Der Beginn der Beitragszahlung zur BV berechnet sich immer  vom Tag des Beginnes der Beschäftigung bis zum selben Tag des  nächstfolgenden Kalendermonates (= beitragsfreier Naturalmonat). Beginnt  die Beschäftigung beispielsweise am 01.09.2024, so beginnt die  Beitragszahlung zur BV am 01.10.2024.
Außerdem sind die Beiträge  zur BV mittels monatlicher Beitragsgrundlagenmeldung (mBGM) bis zum 15.  des Folgemonates zu melden. Im Falle der Beitragsvorschreibung durch die  Österreichische Gesundheitskasse sind die Beiträge zur BV mittels mBGM  bis zum Siebenten des auf den Beschäftigungsbeginn bzw. die Änderung der  Bemessungsgrundlage folgenden Monates zu melden. Als  Verrechnungsgrundlage ist "BV-Verrechnung mit Zeit in der BV" anzugeben.  Bei der Erstellung des Tarifblocks ist die Beschäftigtengruppe  "Betriebliche Vorsorge ohne SV-Pflicht" zu wählen.
Das Ende der  BV-Pflicht - dabei handelt es sich in der Regel um das arbeitsrechtliche  Ende der Beschäftigung - ist von der Arbeitgeberin bzw. vom Arbeitgeber  mittels Abmeldung bekanntzugeben.
Wurde eine Vereinbarung  nach Artikel 21 Abs. 2 der Verordnung 987/2009 abgeschlossen, erstreckt  sich die Meldepflicht der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers auch  auf das BMSVG.