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Normalarbeitszeit ­ anders verteilt

Veröffentlichung: Magazin DGservice Nr. 4/Dezember 2022 - aktualisiert am 01.12.2023


Unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen lässt sich die Normalarbeitszeit flexibel gestalten. Aus diesem Grund sehen zahlreiche Kollektivverträge Durchrechnungszeiträume vor, innerhalb derer sich die Arbeitszeit im Durchschnitt ausgeglichen verteilt. Was bei der Bildung der Beitragsgrundlage bei abweichender Normalarbeitszeit zu beachten ist und wie Sie die monatliche Beitragsgrundlagenmeldung (mBGM) korrekt ausfertigen, lesen Sie hier.

In der Bauwirtschaft sind vor allem als "kurze/lange Woche" bezeichnete Durchrechnungsmodelle üblich. Auf Grund des Kollektivvertrages für Arbeiterinnen und Arbeiter der Baugewerbe und der Bauindustrie ist bei einer 39-stündigen Normalarbeitszeit innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von 52 Wochen beispielsweise folgende Arbeitszeitverteilung möglich:

  • Lange Woche (45 Stunden von Montag bis Freitag),
  • Kurze Woche (36 Stunden von Montag bis Donnerstag),
  • Lange Woche (45 Stunden von Montag bis Freitag) etc.


Die Arbeitszeit in zwei Wochen beläuft sich somit auf 81 Stunden. Bei diesem zulässigen Modell der Verteilung der Normalarbeitszeit werden bei einer 39-Stunden-Woche zusätzlich drei Stunden Zeitausgleich erworben.

Arbeitsrechtlicher Entgeltanspruch

In der Bauwirtschaft wird das Entgelt überwiegend nach tatsächlich geleisteten Stunden abgerechnet. Für jeden einzelnen Arbeitstag steht daher ein Entgelt zu, das der tatsächlichen Arbeitszeit multipliziert mit dem Stundenlohn entspricht. Die darüber hinaus eingearbeiteten Zeitausgleichsstunden sind hingegen nicht sofort zu entlohnen. Diese können zu einem späteren Zeitpunkt als Freizeit mit Entgeltanspruch konsumiert werden.

Die Abrechnung des Entgeltes mittels mBGM ist bei derartigen Arbeitszeitmodellen im Regelfall unproblematisch. 

Wenn allerdings in einer kurzen Woche das Beschäftigungsverhältnis am Freitag endet und dieser Freitag in einen neuen Kalendermonat – somit in einen neuen Beitragszeitraum – fällt, stellt sich die Frage, wie die mBGM in solchen Fällen auszufertigen ist. Dies insofern, als sämtliche gebührende Stundenlöhne bereits im Vormonat abgerechnet wurden.

Hinzu kommt, dass eine Kündigung nach dem Kollektivvertrag für Arbeiter­innen und Arbeiter der Baugewerbe und der Bauindustrie nur zu einem Freitag erfolgen kann. Der Freitag der kurzen Woche ist im Rahmen des Durchrechnungsmodells sowohl arbeits- als auch sozialversicherungsrechtlich als Arbeitstag bzw. Versicherungstag zu werten.

Bildung der Beitragsgrundlage

Grundsätzlich gilt, dass für jeden Versicherungstag auch eine Beitragsgrundlage zu melden ist.

In dieser besonderen Konstellation besteht für den Freitag der kurzen Woche allerdings kein Entgeltanspruch, obwohl das Beschäftigungsverhältnis aufrecht ist und ein Tag der Pflichtversicherung vorliegt. Das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) beinhaltet in diesem Zusammenhang eine spezielle Bestimmung, die zur Lösung dieser Problematik beiträgt.

In § 44 Abs. 7 ASVG ist geregelt, dass im Falle einer abweichenden Vereinbarung der Arbeitszeit das Entgelt für jene Zeiträume als erworben gilt, die die versicherte Person eingearbeitet hat. 

Dies gilt auch dann, wenn bei Durchrechnung der Normalarbeitszeit gemäß § 4 Abs. 4 und 6 Arbeitszeitgesetz festgelegt ist, dass die Dienstnehmerin bzw. der Dienstnehmer nach der jeweils tatsächlich geleisteten Arbeitszeit entlohnt wird.

Bildung der Beitragsgrundlage bei abweichender Normalarbeitszeit

  Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Arbeitsstunden
Lange Woche 21.08.2023 22.08.2023 23.08.2023 24.08.2023 25.08.2023  
9 Stunden 9 Stunden 9 Stunden 9 Stunden 9 Stunden 45 Stunden
Beitragsgrundlage August  
Kurze Woche 28.08.2023 29.08.2023 30.08.2023 31.08.2023 01.09.2023  
9 Stunden 9 Stunden 9 Stunden 9 Stunden,
­davon 3
Stunden vereinbarter Zeitausgleich
  36 Stunden bzw. exklusive Zeitausgleich 33 Stunden
Beitragsgrundlage August Beitragsgrund-lage September  
   Aliquoter ­Übertrag in den Beitragszeitraum SeptemberPfeil_von_links_nach_oben.PNG

Korrekte Ausfertigung der mBGM

Auf Grund dieser Bestimmung ergibt sich somit, dass ein Teil des in der langen Woche verdienten Entgeltes sozialversicherungsrechtlich als Beitragsgrundlage (für den ersten Tag) des Folgemonates heranzuziehen ist.

Eine entsprechende aliquote Berechnung ist daher vorzunehmen.

  • Die mBGM des Vormonates muss in weiterer Folge betragsmäßig korrigiert werden. Eine Storno-mBGM und eine neue mBGM sind daher zu übermitteln. 
  • Mit der mBGM des Folgemonates ist anschließend die Meldung der errechneten Beitragsgrundlage vorzunehmen.


In Summe bleibt der Entgeltanspruch unverändert. Es kommt lediglich zu einer Aufteilung der Beitragsgrundlage auf zwei Beitragszeiträume. Der Versicherungsumfang ändert sich nicht, auch wenn die errechnete Beitragsgrund­lage im Folgemonat unter der Geringfügigkeitsgrenze liegt. 

Ist die Bildung der Beitragsgrundlage bei Zeitlöhnerinnen und Zeitlöhnern in Einzelfällen wegen Fehlens einer vorangegangenen Arbeitszeit (zum Beispiel auf Grund langer Arbeitsunfähigkeit) nicht möglich, nehmen Sie bitte Kontakt mit der zuständigen Landesstelle der Österreichischen Gesundheitskasse auf.

Grundsatz für Zeitlohn

Bei Zeitlohn wird der Entgeltanspruch über den gesamten Beschäftigungszeitraum erworben. Daher ist der Arbeitsverdienst auch jenen Zeiten zuzuordnen, die die Höhe des Entgeltanspruches nicht beeinflussen (also zum Beispiel Freitag bis Sonntag bei einer Vier-Tage-Woche von Montag bis Donnerstag).

Beispiel:

  • Arbeiter mit Vier-Tage-Woche, Zeitlohn und unbezahltem Urlaub (länger als ein Monat)
  • Arbeitstage: Montag bis Donnerstag
  • Entgelt pro Arbeitstag (8 Stunden): 210,00 Euro
  • Der Kalendermonat beginnt mit einem Freitag. Der unbezahlte Urlaub läuft vom darauffolgenden Montag bis Ende des übernächsten Kalendermonates.


Lösung:

  • Das Entgelt ist auch bei Zeitlohn auf die Kalenderwoche (Montag bis Sonntag) umzulegen.
  • Wochenlohn: 210,00 Euro x 4 Arbeitstage = 840,00 Euro
  • Durchschnittlicher Tagesverdienst: 840,00 Euro : 7 Tage = 120,00 Euro (Anmerkung: Der Tagesverdienst liegt unter der täglichen Höchstbeitragsgrundlage von 195,00 Euro – Wert für 2023.)
  • Anzahl der Tage im neuen Kalendermonat: 3 (Freitag bis Sonntag), Beitragsgrundlage: 120,00 Euro x 3 Tage = 360,00 Euro
  • Die rechnerische Beitragsgrundlage von 360,00 Euro ergibt sich, obwohl in diesem Kalendermonat keine Arbeitszeit liegt. Sie vermindert die Beitragsgrundlage für den Vormonat um genau jenen Betrag.


Autor: Mag. Wolfgang Böhm/ÖGK