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Überlassung von Arbeitskräften an Dritte

Veröffentlichung: Magazin DGservice Nr. 3/September 2022


Um Arbeitsspitzen auszugleichen, werden oftmals Arbeitskräfte von einer Dienstgeberin bzw. einem Dienstgeber an ein anderes Unternehmen (Beschäftigerbetrieb) verliehen. Welche Aufgaben eine Arbeitskräfteüberlassung mit sich bringt und was es dabei unter anderem im grenzüberschreitenden Bereich zu beachten gilt, erfahren Sie in unserem Beitrag.

Sozialversicherung und Entgelt

Dienstgeberin bzw. Dienstgeber ist die Überlasserin bzw. der Überlasser. (Hinweis: Dies gilt nur für den EU-/EWR-Raum und die Schweiz. Andernfalls übernimmt der Beschäftigerbetrieb die Dienstgeberfunktion.)

Sie bzw. er hat die überlassene Arbeitskraft beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Um auch die Meldeverpflichtungen hinsichtlich Nachtschwerarbeit und Schwerarbeit erfüllen zu können, hat die Beschäftigerin bzw. der Beschäftiger den Überlasserbetrieb über die entsprechende Leistung zu informieren.

Die Überlasserin bzw. der Überlasser schließt den Arbeitsvertrag mit der überlassenen Arbeitskraft ab und ist für die Auszahlung des gebührenden Entgeltes sowie die Ermittlung und Abfuhr der Sozialversicherungsbeiträge zuständig.

Den Beschäftigerbetrieb treffen hier nur Bürgschaftspflichten.

Weiterbildungsbeitrag nach dem Arbeits­kräfteüberlassungsgesetz (WBB-AÜG)

Überlasserinnen und Überlasser haben einen Beitrag zur Finanzierung des Sozial- und Weiterbildungsfonds für überlassene Arbeitskräfte zu entrichten. Voraussetzung ist, dass sowohl für den Überlasserbetrieb als auch für den Beschäftigerbetrieb ein Kollektivvertrag vorliegt.

Der WBB-AÜG ist von den Überlasserinnen und Überlassern allein zu tragen und beträgt 0,35 Prozent der allgemeinen Beitragsgrundlage bis zur Höchstbeitragsgrundlage (die Geringfügigkeitsgrenze bleibt außer Betracht). Dieser Beitrag ist auch von den Sonderzahlungen zu leisten.

Beitragszahlung vom inländischen Überlasserbetrieb: Der WBB-AÜG wird am Letzten eines Kalendermonates mit den Sozialversicherungsbeiträgen fällig. Er ist mit den Sozialversicherungsbeiträgen an den Krankenversicherungsträger abzuführen und wird von diesem an den Sozial- und Weiterbildungsfonds überwiesen.

Beitragszahlung vom ausländischen Überlasserbetrieb: Besteht für eine überlassene Arbeitskraft keine Pflichtversicherung in Österreich, ist der WBB-AÜG über die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse abzurechnen. Wenn aber die überlassene Arbeitskraft der Pflichtversicherung in Österreich unterliegt, gelten dieselben Abrechnungs- und Zahlungsbestimmungen wie für inländische Überlasserinnen und Überlasser.

Als Beschäftigungsort gilt

  • bei einem inländischen Überlasserbetrieb der Standort der Überlasserin bzw. des Überlassers und
  • bei einem ausländischen Überlasserbetrieb der Standort der Beschäftigerin bzw. des Beschäftigers.

Bürgenhaftung

Die Beschäftigerin bzw. der Beschäftiger haftet als Bürgin bzw. Bürge für

  • alle der überlassenen Arbeitskraft zustehenden Entgeltansprüche,
  • die entsprechenden Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung sowie
  • die Lohnzuschläge nach dem Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungsgesetz.


Sind die Verpflichtungen aus der Überlassung gegenüber dem Überlasserbetrieb bereits nachweislich erfüllt, besteht nur eine eingeschränkte Bürgschaft (Ausfallsbürgschaft).

Bei Insolvenz der Überlasserin bzw. des Überlassers entfällt die Bürgenhaftung, soweit die Ansprüche der überlassenen Arbeitskraft durch das Insolvenz-Entgelt gedeckt werden.

Weitere Aufgaben

Der Beschäftigerbetrieb hat der Überlasserin bzw. dem Überlasser alle wesentlichen Umstände der Überlassung vor deren Beginn mitzuteilen. Dies betrifft insbesondere Informationen über

  • die benötigte Qualifikation der überlassenen Arbeitskraft und die damit verbundene Einstufung in den im Betrieb anzuwendenden Kollektivvertrag sowie
  • die wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen bzw. Entgeltbestimmungen.


Die überlassene Arbeitskraft ist organisatorisch in den Beschäftigerbetrieb eingegliedert. Für die Dauer der Überlassung gilt daher die Beschäftigerin bzw. der Beschäftiger als Dienstgeberin bzw. Dienstgeber im Sinne der Arbeitnehmerschutzvorschriften. Sie bzw. er hat unter anderem allfällige Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt zu melden.

Zusätzlich trifft den Beschäftigerbetrieb noch eine umfassende Fürsorgepflicht.

Der Überlasserbetrieb hat der überlassenen Arbeitskraft die wesentlichen Umstände ihrer Überlassung mitzuteilen und schriftlich zu bestätigen (Beschäftigerbetrieb, Dauer der Überlassung, Arbeitszeit, Entgelt etc.).

Darüber hinaus hat er laufend Aufzeichnungen über die überlassene Arbeitskraft und die Beschäftigerin bzw. den Beschäftiger zu führen.

Aufgaben im grenzüberschreitenden Bereich

  • Überlassung aus einem EU-/EWR-Mitgliedstaat oder der Schweiz nach Österreich: Für eine derartige Überlassung ist keine Bewilligung erforderlich. Das ausländische Unternehmen hat die Überlassung lediglich der Finanzpolizei (Zentrale Koordinationsstelle beim Finanzministerium) zu melden. Dadurch wird gewährleistet, dass die zuständigen Behörden die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen überwachen können.
  • Überlassung aus einem Drittstaat nach Österreich: Eine grenzüberschreitende Überlassung dieser Art ist nur in Ausnahmefällen erlaubt. Hierfür wird auf Antrag des österreichischen Unternehmens von der zuständigen Gewerbebehörde eine Überlassungsbewilligung erteilt. Anschließend ist eine Beschäftigungsbewilligung beim Arbeitsmarktservice zu beantragen.
  • Überlassung aus Österreich in einen EU-/EWR-Mitgliedstaat oder die Schweiz: Für eine derartige Überlassung besteht keine Bewilligungspflicht.
  • Überlassung aus Österreich in einen Drittstaat: Dies ist laut Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) nur zulässig, wenn im Ausnahmefall eine vom Überlasserbetrieb beantragte Einzelbewilligung erteilt wurde. Voraussetzung ist, dass keine arbeitsmarktpolitischen oder volkswirtschaftlichen Gründe dagegensprechen und der Schutz der Arbeitskräfte nicht gefährdet ist.

Abgrenzung zum Werkvertrag

Generell gilt: Für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, ist allein der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes entscheidend.

Die in der Praxis relevante Abgrenzung zwischen einer Arbeitskräfteüberlassung und einem Werkvertrag wird gemäß AÜG von folgenden Kriterien bestimmt:

  • Die überlassene Arbeitskraft ist organisatorisch in den Beschäftigerbetrieb eingegliedert.
  • Die Überlasserin bzw. der Überlasser haftet nicht für den Erfolg der Werkleistung.
  • Das Arbeitsergebnis der überlassenen Arbeitskraft unterscheidet sich nicht von jenem der Stammbelegschaft des Beschäftigerbetriebes.
  • Die Arbeit wird vorwiegend unter Verwendung von Material und Werkzeug der Beschäftigerin bzw. des Beschäftigers geleistet.


Wird auch nur ein Kriterium erfüllt, so liegt bei einem rein innerstaatlichen Fall eine Arbeitskräfteüberlassung vor. 

Bei Vorliegen einer grenzüberschreitenden Überlassung ist hingegen eine Gesamtbetrachtung des Sachverhaltes durchzuführen. 

Autor: Mag. Wolfgang Böhm/ÖGK