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Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz

Stand: 01.01.2024


1. Ausgangslage

Trotz der Tatsache, dass in Österreich nahezu alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Kollektivverträgen erfasst sind, kommt es immer wieder vor, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern das ihnen zustehende Entgelt für die erbrachte Arbeitsleistung vorenthalten wird.

Das hat nicht nur direkte negative Auswirkungen auf die unmittelbar betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern ist von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung, da durch dieses Lohn- und Sozialdumping der faire Wettbewerb zwischen den Unternehmen nicht mehr gewährleistet ist.

Im Zuge der Öffnung des Arbeitsmarktes für Staatsangehörige der neuen EU-Staaten wurde zusätzlich befürchtet, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von ausländischen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern nach Österreich zur Arbeitsleistung entsandt bzw. überlassen und nicht entsprechend den österreichischen Vorschriften entlohnt werden.

Mit dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSDB-G), welches mit 01.05.2011 in Kraft trat und in das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) integriert wurde, versuchte der Gesetzgeber dieser aus sozialpolitischer Sicht unerwünschten Entwicklung entsprechend entgegenzuwirken.

Mit 01.01.2017 trat ein eigenes Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) in Kraft. Hierdurch wurden alle wesentlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping aus dem AVRAG und dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) herausgelöst und in ein formal neues Gesetz transferiert.

Mit dem BGBl. I Nr. 174/2021 erfährt das LSD-BG seine bislang wesentlichste Novellierung. Die wichtigsten Änderungen konzentrieren sich auf die Strafbestimmungen und traten mit 01.09.2021 in Kraft. Diese sind auf alle (auch bereits anhängige) Verfahren anzuwenden. Dabei wird sowohl für die Formaldelikte im Zusammenhang mit der Lohnkontrolle als auch für das Delikt der Unterentlohnung das bisher vorherrschende Kumulationsprinzip abgeschafft. Bei allen Delikten sind nunmehr Strafen, die von der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unabhängig sind, zu verhängen. Die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bleibt allerdings für die Strafbemessung relevant.

2. Ziele der gesetzlichen Maßnahmen

Durch das Gesetz wurden neue Verwaltungsstraftatbestände und diverse Maßnahmen zur Sicherstellung des Verwaltungsstrafverfahrens und des Vollzuges der Verwaltungsstrafen geschaffen.

Vorrangiges Ziel dieser Regelungen ist jedoch nicht die Verhängung von Geldstrafen. Vielmehr soll durch die Entfaltung einer präventiven Wirkung erreicht werden, dass alle in Österreich tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jenes Mindestentgelt erhalten, das ihnen zusteht.

Damit verbunden sind bedeutende volkswirtschaftliche Auswirkungen, die mit diesen Maßnahmen erreicht werden sollen:

  • Sicherung gleicher Arbeitsmarkt- und Lohnbedingungen für inländische und ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
  • Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Unternehmen und die Verhinderung eines Verdrängungswettbewerbes auf dem Arbeitsmarkt sowie
  • Sicherung von Abgaben und Sozialbeiträgen

3. Wer ist von den gesetzlichen Maßnahmen betroffen?

Die gesetzlichen Maßnahmen und Bestimmungen gelten sowohl für inländische Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber als auch für ausländische Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem EWR-Raum sowie aus Drittstaaten zur Dienstleistung nach Österreich entsenden oder überlassen.

4. Was wird kontrolliert?

Anhand der Lohnunterlagen wird überprüft, ob die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsprechend dem nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Mindestentgelt unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien entlohnt wurden.

Die für diese Zwecke erforderlichen Unterlagen sind neben dem Arbeitsvertrag und/oder dem Dienstzettel insbesondere Arbeitszeitaufzeichnungen, Lohnaufzeichnungen sowie Lohnzahlungsnachweise (zum Beispiel Banküberweisungsbelege und/oder Kassa-Ausgangsbelege).

Besondere Verpflichtungen treffen in diesem Zusammenhang ausländische Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, da diese alle erforderlichen Unterlagen in deutscher oder englischer Sprache (einzige Ausnahme: Arbeitsvertrag kann auch in englischer Sprache vorliegen) für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Arbeits- bzw. Einsatzort bereithalten müssen.

Bei einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung trifft die Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen die inländische Beschäftigerin bzw. den inländischen Beschäftiger. Die ausländische Überlasserin bzw. der ausländische Überlasser hat dieser bzw. diesem jedoch die Unterlagen bereitzustellen.

5. Wer kontrolliert?

Zur Feststellung, ob das jeweils zustehende Entgelt geleistet wird, sind entsprechende Kontrollen gesetzlich vorgesehen.

Die Österreichische Gesundheitskasse nimmt als Kompetenzzentrum Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfung (Kompetenzzentrum LSDB) bei der Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen eine zentrale Rolle ein.

Das Kompetenzzentrum LSDB führt auf Basis der Sachverhaltsermittlungen des Amtes für Betrugsbekämpfung die Kontrolle des zustehenden Entgeltes für die nicht dem ASVG unterliegenden (nach Österreich überlassenen oder entsendeten) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch und verwaltet auch die zentrale Strafevidenz, in der jeder in einem Verwaltungsstrafverfahren im Sinne des LSD-BG erlassene rechtskräftige Bescheid erfasst wird.

Bei den dem ASVG unterliegenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern stellt der zuständige Krankenversicherungsträger für lohnabhängige Abgaben und Beiträge im Zuge seiner Überprüfungen fest, ob Unterentlohnungen vorliegen.

Für den Bereich des Baugewerbes ist auch die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) zu den entsprechenden Kontrollen berechtigt.

6. Welche Konsequenzen ergeben sich bei Verstößen?

Anzeige der Unterentlohnung
Leistet die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber den bei ihr bzw. ihm beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht zumindest das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt, liegt eine Verwaltungsübertretung vor, welche vom Kompetenzzentrum LSDB, dem zuständigen Krankenversicherungsträger bzw. der BUAK zwingend bei der jeweils zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zur Anzeige gebracht werden muss.
 
Strafausmaß bei Unterentlohnung
Der Strafrahmen für Unterentlohnung (§ 29 LSD-BG) ist nach der Höhe der Unterentlohnung gestaffelt:

Summe des vorenthaltenen Entgeltesbesondere VoraussetzungenStrafrahmen
unter € 20.000,00
  • Erstfall
  • Kleinunternehmen (Unternehmensgröße: bis zu neun Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer)
bis zu € 20.000,00
bis zu € 50.000,00 keine bis zu € 50.000,00
über € 50.000,00 keine bis zu € 100.000,00
über € 100.000,00 keine bis zu € 250.000,00
über € 100.000,00
  • Vorsatz
  • Unterentlohnung von durchschnittlich über 40 %
bis zu € 400.000,00


Wird bei Unterentlohnung immer eine Anzeige erstattet bzw. eine Strafe verhängt?
Liegt nur eine geringe Unterschreitung des Entgeltes vor oder übersteigt das Verschulden der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers die leichte Fahrlässigkeit nicht, hat das Kompetenzzentrum LSDB, der zuständige Krankenversicherungsträger bzw. die BUAK von einer Anzeige bzw. die Bezirksverwaltungsbehörde von der Verhängung einer Strafe abzusehen.

Voraussetzung ist jedoch, dass die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber nachweislich die Differenz zwischen dem tatsächlich geleisteten Entgelt und dem gebührenden Entgelt der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer binnen einer bestimmten Frist nachzahlt.

Weitere Straftatbestände im Zusammenhang mit Kontrollen

Strafen drohen jedoch nicht nur im Falle einer festgestellten Unterentlohnung, sondern auch dann, wenn Handlungen gesetzt werden, die eine Kontrolle erschweren oder vereiteln. 

Für Verstöße im Zusammenhang mit den Melde- und Bereithaltungspflichten bei Entsendung oder Überlassung (§ 26 LSD-BG) kann eine Strafe von bis zu 20.000,00 Euro verhängt werden.

Vereitelungshandlungen im Zusammenhang mit der Lohnkontrolle (§ 27 LSD-BG) werden mit bis zu 40.000,00 Euro bestraft.

Für das Nichtbereithalten und Nichtübermitteln der Lohnunterlagen (§ 28 LSD-BG) werden bis zu 20.000,00 Euro Strafe, im Wiederholungsfall bis zu 40.000,00 Euro Strafe fällig.

Untersagung der Dienstleistung bei ausländischen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern
Unter bestimmten Voraussetzungen hat die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde einer ausländischen Arbeitgeberin bzw. einem ausländischen Arbeitgeber die weitere Ausübung der Dienstleistung für die Dauer von mindestens einem Jahr und höchstens fünf Jahren zu untersagen.

Strafevidenz
Das Kompetenzzentrum LSDB hat eine Verwaltungsstrafevidenz über alle rechtskräftigen Bescheide und Erkenntnisse in Verwaltungsstrafverfahren nach diesen gesetzlichen Bestimmungen zu führen.

Auskunft aus der Strafevidenz erhalten:

  • Behörden, Gerichte und prüfende Einrichtungen 
    Zur Beantragung des Strafausmaßes, der Strafbemessung, zur Untersagung der Dienstleistung oder zur Feststellung, dass trotz Untersagung eine Dienstleistung ausgeübt wird, hat das Kompetenzzentrum auf Verlangen den Bezirksverwaltungsbehörden, den Verwaltungsgerichten der Länder, dem Amt für Betrugsbekämpfung und der BUAK Auskunft darüber zu geben, ob hinsichtlich einer Arbeitgeberin bzw. eines Arbeitgebers eine rechtskräftige Bestrafung oder Entscheidung vorliegt.
  • öffentliche Auftraggeberinnen und Auftraggeber
    Seit 01.01.2015 besteht diese Auskunftspflicht in eingeschränktem Umfang gegenüber öffentlichen Auftraggeberinnen und Auftraggebern. Seit 01.03.2016 sind diese auch zur Einholung einer entsprechenden Auskunft verpflichtet. Eine solche Auskunft darf ausschließlich an öffentliche Auftraggeberinnen und Auftraggeber erfolgen. Eine Auskunft an nichtöffentliche Auftraggeberinnen und Auftraggeber oder Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer (Anbieterinnen und Anbieter im Verfahren) selbst darf auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen nicht erteilt werden. Öffentliche Auftraggeberinnen und Auftraggeber, die Mitglieder des Auftragnehmerkatasters Österreich (ANKÖ) sind, können solche Auskünfte auch über dessen Plattform erhalten.

 

Umfassende Informationen zu den Themen Entsendung und Überlassung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nach Österreich, Lohn- und Sozialdumpingbekämpfung und Bestellung verantwortlicher Beauftragter finden Sie auf der Websitewww.entsendeplattform.at, einem Service des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) in Kooperation mit der BUAK.

Kontakt

Kompetenzzentrum LSDB
Tel.: +43 (0)5 0766-112716
Fax: +43 (0)5 0766-112717
E-Mail allgemein: lsdb@oegk.at


Auskunftsersuchen öffentlicher Auftraggeberinnen und Auftraggeber:
lsdb-evidenz@oegk.at